I. Werden die Anforderungen an §185 AktG nicht erfüllt, sind die Zeichnungsscheine nichtig und die "Aktionäre" können ihr Geld zurückverlangen:
(...)
Aktiengesetz
§ 185 Zeichnung der neuen Aktien (1) Die Zeichnung der neuen Aktien geschieht durch schriftliche Erklärung (Zeichnungsschein), aus der die Beteiligung nach der Zahl und bei Nennbetragsaktien dem Nennbetrag und, wenn mehrere Gattungen ausgegeben werden, der Gattung der Aktien hervorgehen muß. Der Zeichnungsschein soll doppelt ausgestellt werden. Er hat zu enthalten
1.den Tag, an dem die Erhöhung des Grundkapitals beschlossen worden ist;2.den Ausgabebetrag der Aktien, den Betrag der festgesetzten Einzahlungen sowie den Umfang von Nebenverpflichtungen;3.die bei einer Kapitalerhöhung mit Sacheinlagen vorgesehenen Festsetzungen und, wenn mehrere Gattungen ausgegeben werden, den auf jede Aktiengattung entfallenden Betrag des Grundkapitals,4.den Zeitpunkt, an dem die Zeichnung unverbindlich wird, wenn nicht bis dahin die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals eingetragen ist.
(2) Zeichnungsscheine, die diese Angaben nicht vollständig oder die außer dem Vorbehalt in Absatz 1 Nr. 4 Beschränkungen der Verpflichtung des Zeichners enthalten, sind nichtig.(3) Ist die Durchführung der Erhöhung des Grundkapitals eingetragen, so kann sich der Zeichner auf die Nichtigkeit oder Unverbindlichkeit des Zeichnungsscheins nicht berufen, wenn er auf Grund des Zeichnungsscheins als Aktionär Rechte ausgeübt oder Verpflichtungen erfüllt hat.(4) Jede nicht im Zeichnungsschein enthaltene Beschränkung ist der Gesellschaft gegenüber unwirksam.
(...)
Dies ist hier der Fall. Alle beim Landgericht Freiburg eingereichte Klagen gegen die xBlue Vision AG basieren auf nichtigen Aktienkaufverträgen.
Laut Protokoll der letzten(!) Hauptverhandlung zur Kapitalerhöhung vom 01.12.2022 sind keine Mandanten dort zur Zeichnung neuer Aktien zugelassen bzw. namentlich im Protokoll benannt, so daß sich die xBlue Vision AG nicht auf eine Heilung nach §185Abs.3 AktG berufen kann!
Wer namentlich im Protokoll nicht benannt ist und einen nichtigen Aktienkaufvertrag hat, wird erfolgreich auf Rückzahlung seines Kaufpreises klagen können. Gern prüfen wir das für Sie!
II. Besonderheiten
Während die acht Gründungsaktionäre laut Protokoll der Hauptversammlung vom 26.08.2016 Aktien gehalten haben zum Nennwert von je einem Euro, haben später hinzugekommende Aktionäre zwischen 10 (2018) und 18,50 € (2021) bezahlt je Aktie. Die acht Gründungsaktionäre halten Aktien zu einem Nennwert von € 125.000,00 Euro und sind stimmberechtigt. Alle anderen "Aktionäre" nicht.
Das Stammkapital wurde in der Hauptversammlung am 01.12.2022 nochmals erhöht auf € 500.000,00 um 375.000 Aktien zum Nennwert von einem Euro. Drei Aktionäre haben ihr Aktienkapital erhöht, drei Aktionäre sind hinzugekommen. Es bedarf einer Erklärung, warum die mehr als 60 weiteren Aktionäre, die zuvor Aktien zu einem Preis deutlich über dem Nennwert erworben hatten, in diesem Protokoll nicht namentlich mit ihrem jeweiligen Aktienkapital aufgeführt sind.
Kritische Analyse der Bilanzentwicklung der xBlue Vision AG (2017–2022)
Die folgende Analyse beleuchtet die finanzielle Entwicklung der xBlue Vision AG über mehrere Jahre und prüft, ob eine Verzehn- bis Verachtzehnfachung des Aktienkurses gerechtfertigt ist.
1. Überblick über die Finanzentwicklung
Jahr | Bilanzsumme (€) | Eigenkapital (€) | Verbindlichkeiten (€) | Jahresergebnis (€) |
---|---|---|---|---|
2017 | 1.113.017,97 | 982.130,14 | 108.954,63 | -68.995,91 |
2018 | 1.561.611,38 | 1.455.841,49 | 95.644,25 | 27.960,04 |
2019 | 2.516.562,19 | 2.296.585,96 | 200.947,74 | 16.244,47 |
2020 | 3.425.750,33 | 2.976.831,21 | 424.005,19 | -269.954,75 |
2021 | 4.332.523,98 | 3.283.650,10 | 1.017.135,63 | k.A. |
2022 | 6.043.028,51 | 4.793.250,00 | 1.390.734,30 | 37.041,26 |
2. Kritische Entwicklungen und Risiken
A) Enormer Anstieg der Verbindlichkeiten
- Die Verbindlichkeiten haben sich von 95.644,25 € (2018) auf 1.390.734,30 € (2022) vervierzehnfacht.
- Besonders problematisch: Die Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern stiegen 2020 sprunghaft von 5.255,75 € (2019) auf 191.613,59 € und dann auf 794.804,68 € (2021).
- Dies zeigt eine hohe interne Finanzierung, was bedeutet, dass die Firma extern schwer Kapital aufnehmen kann.
- 2022 wurden hohe sonstige Verbindlichkeiten von 893.709,12 € ausgewiesen, ohne detaillierte Erklärung.
B) Bilanzwachstum vs. Unternehmenswert
- Die Bilanzsumme ist zwischen 2017 und 2022 um das 5,4-fache gewachsen, hauptsächlich durch Erhöhung des Eigenkapitals und der Verbindlichkeiten.
- Ein starkes Bilanzwachstum allein rechtfertigt aber keine Verzehn- bis Verachtzehnfachung des Aktienkurses, da Umsatz und Gewinn nicht im gleichen Maß gestiegen sind.
C) Instabile Gewinnentwicklung
- 2019 noch 16.244,47 € Gewinn, 2020 dann 269.954,75 € Verlust.
- 2022 wurde ein Gewinn von 37.041,26 € ausgewiesen, was extrem gering ist für eine Firma mit über 6 Millionen € Bilanzsumme.
- Die Margen sind extrem niedrig – das Unternehmen ist nicht hochprofitabel.
D) Sinkende Umsätze
- 2022: 789.324,98 € Umsatz (Vorjahr: 1.720.494,46 €) → Umsatz ist um 54 % eingebrochen!
- Gleichzeitig sind die sonstigen Aufwendungen mit 451.617,41 € weiterhin hoch, was auf ineffiziente Kostennutzung hinweist.
- Trotz starkem Bilanzwachstum keine nachhaltige Ertragssteigerung erkennbar.
E) Steigende Zinsbelastung
- Zinsaufwand 2022: 474.327,91 € (Vorjahr: 303.318,87 €).
- Das Unternehmen hat sich anscheinend stark verschuldet, was bei steigenden Zinsen problematisch ist.
3. Fazit: Ist eine Verzehn- bis Verachtzehnfachung des Aktienkurses gerechtfertigt?
NEIN, und das aus mehreren Gründen:
- Gewinnentwicklung ist instabil und zu niedrig, um ein so hohes Kurswachstum zu rechtfertigen.
- Umsatz ist rückläufig, während sich die Bilanzsumme aufbläht.
- Stark steigende Schulden – ein Unternehmen mit hohen Verbindlichkeiten und hohem Zinsaufwand ist kein sicherer Kandidat für eine extreme Kurssteigerung.
- Hohe interne Finanzierung – Das bedeutet, dass Investoren anscheinend nicht bereit sind, viel Kapital von außen bereitzustellen.
- Keine Skaleneffekte – trotz größerer Bilanz keine besseren Margen oder Erträge.
📉 Bewertung: Eine Verzehn- bis Verachtzehnfachung des Aktienkurses wäre spekulativ und nicht fundamental begründet. Es gibt kein organisches Wachstum oder eine starke operative Performance, die das rechtfertigen könnte.
III. Pflichten des Aufsichtsrats und Vorstands bei Kapitalmaßnahmen – Kritische Analyse mit Vorschriften und Rechtsprechung
Die Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat zur ordnungsgemäßen Beschlussfassung über das Kapital neuer Aktionäre ergibt sich aus zahlreichen Vorschriften des Aktienrechts. Eine unterlassene oder fehlerhafte Erfassung neuer Aktionäre, insbesondere wenn diese Aktien über Nennwert erworben haben, kann erhebliche rechtliche und haftungsrechtliche Konsequenzen haben.
1. Überwachungs- und Kontrollpflichten des Aufsichtsrats bei Kapitalmaßnahmen
Der Aufsichtsrat hat gemäß § 111 Abs. 1 AktG die Geschäftsführung zu überwachen. Dazu gehört insbesondere die Kontrolle über Kapitalmaßnahmen und die ordnungsgemäße Behandlung neuer Aktionäre. Kritische Aspekte sind:
- Kapitalmaßnahmen müssen ordnungsgemäß beschlossen und eingetragen werden: Eine Kapitalerhöhung muss gemäß § 182 AktG von der Hauptversammlung beschlossen und ins Handelsregister eingetragen werden.
- Neuemissionen und Kapitalerhöhungen bedürfen einer Prüfung, ob alle Aktionäre ordnungsgemäß berücksichtigt wurden (§ 186 AktG).
- Beachtung der Aktionärsrechte gemäß § 53a AktG: Alle Aktionäre müssen gleich behandelt werden. Werden neue Aktionäre nicht korrekt erfasst, kann dies eine Diskriminierung bestehender Aktionäre darstellen.
📌 Relevantes Urteil:
- BGH, Urteil vom 22.09.1997 – II ZR 245/96
Der BGH stellte fest, dass der Aufsichtsrat nicht nur eine formale Kontrollfunktion hat, sondern aktiv sicherstellen muss, dass Kapitalmaßnahmen ordnungsgemäß erfolgen. Eine bloße Kenntnisnahme ist nicht ausreichend.
2. Pflichten des Vorstands bei Kapitalmaßnahmen und neue Aktionäre
Der Vorstand ist gemäß § 76 AktG für die Geschäftsführung verantwortlich, muss aber insbesondere bei Kapitalmaßnahmen sorgfältig und transparent handeln:
Erfassung neuer Aktionäre (§ 67 AktG):
Der Vorstand ist verpflichtet, das Aktienregister korrekt zu führen. Werden neue Aktionäre nicht aufgeführt, kann dies zur Anfechtung von Beschlüssen (§ 243 AktG) führen.Verletzung der Berichtspflichten (§ 90 AktG):
Der Vorstand muss den Aufsichtsrat umfassend über Kapitalmaßnahmen informieren. Das Unterlassen kann eine Pflichtverletzung darstellen.
📌 Relevantes Urteil:
- OLG München, Urteil vom 10.07.2008 – 23 U 2595/07
Das Gericht entschied, dass ein Vorstand, der unvollständige oder falsche Informationen über Kapitalmaßnahmen weitergibt, persönlich haftet. Dies gilt auch für Aufsichtsräte, wenn sie Unregelmäßigkeiten nicht aufdecken.
3. Haftungsrisiken für Vorstand und Aufsichtsrat
Fehlerhafte oder nicht dokumentierte Kapitalmaßnahmen können für Vorstand und Aufsichtsrat erhebliche persönliche Haftungsrisiken mit sich bringen.
- Vorstandshaftung nach § 93 Abs. 2 AktG:
Der Vorstand haftet persönlich, wenn er die Kapitalmaßnahmen fehlerhaft oder intransparent umsetzt. - Aufsichtsratshaftung nach § 116 AktG:
Der Aufsichtsrat haftet ebenfalls persönlich, wenn er Kapitalmaßnahmen nicht ausreichend kontrolliert.
📌 Relevantes Urteil:
- BGH, Urteil vom 16.02.1987 – II ZR 21/86
Der BGH stellte klar, dass ein Aufsichtsrat sich nicht auf bloßes Vertrauen auf den Vorstand verlassen darf. Vielmehr muss er aktiv prüfen, ob Kapitalmaßnahmen rechtmäßig sind.
4. Anfechtbarkeit von Beschlüssen und Nichtigkeit
Kapitalmaßnahmen, bei denen neue Aktionäre nicht korrekt erfasst werden, können angefochten oder sogar für nichtig erklärt werden.
- Anfechtungsklage nach § 243 AktG:
Aktionäre können eine Kapitalmaßnahme anfechten, wenn sie nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde. - Nichtigkeit nach § 249 AktG:
Beschlüsse, die gegen das Aktienrecht verstoßen, sind nichtig.
📌 Relevantes Urteil:
- LG Frankfurt, Urteil vom 08.05.2014 – 3-05 O 154/13
Ein Beschluss über eine Kapitalerhöhung wurde für nichtig erklärt, weil nicht alle Aktionäre ordnungsgemäß einbezogen wurden.
5. Fazit – Pflichtverletzungen und Konsequenzen
🔴 Fehlverhalten von Vorstand und Aufsichtsrat:
- Werden neue Aktionäre nicht erfasst oder ihre Kapitaleinlagen nicht korrekt berücksichtigt, liegt ein Verstoß gegen § 67, § 182, § 186 AktG vor.
- Der Vorstand kann persönlich haften (§ 93 AktG), wenn er Kapitalmaßnahmen nicht ordnungsgemäß durchführt.
- Der Aufsichtsrat muss aktiv prüfen (§ 111 AktG) und kann bei Pflichtverletzung nach § 116 AktG ebenfalls haften.
- Anfechtungsklagen und Nichtigkeit von Kapitalmaßnahmen sind realistische Folgen.
✅ Erforderliche Maßnahmen:
- Eine vollständige Dokumentation aller Aktionäre und ihrer Kapitaleinlagen.
- Transparente Berichterstattung durch den Vorstand an den Aufsichtsrat.
- Aktive Kontrolle des Aufsichtsrats, statt nur passiver Kenntnisnahme.
📌 Ergebnis:
Sollte sich herausstellen, dass über 60 Aktionäre nicht in das Protokoll aufgenommen wurden, könnte dies eine schwere Pflichtverletzung des Vorstands und des Aufsichtsrats darstellen, die zu Anfechtungen, Schadensersatzklagen und persönlichen Haftungen führen kann.
Fragen & Fristen
Für alle, die Fragen oder Bedenken haben, bietet RA Jens Reime eine kostenfreie Hotline unter der Nummer
0800 72 73 463
an. Dies soll den Anlegern die Möglichkeit geben, sich fundierte Informationen zu beschaffen und die richtigen Entscheidungen für ihre Investitionen zu treffen.
Die Anwaltskanzlei Reime bleibt auch weiterhin bestrebt, die Interessen der Anleger zu schützen und ihnen mit ihrem Fachwissen und ihrer langjährigen Erfahrung zur Seite zu stehen.
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Wir prüfen Ihre Dokumente (Zeichnungsscheine) vor Mandatserteilung kostenfrei!
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