Augen auf beim Gebrauchtwagenkauf! Die Rechte des Käufers können bei einem Verkauf unter Verbrauchern stark eingeschränkt sein.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte im Jahr 2024 einen Fall zu entscheiden, der sich um den Kauf eines gebrauchten Peugeot 407, Baujahr 2008, mit Kilometerstand 95.500 km drehte. Diesen PKW kaufte der Kläger im Jahr 2019 für EUR 9.100 vom Beklagten. Beim Beklagten handelte es sich nicht um einen gewerblichen Kraftfahrzeughändler.
Der Wagen wies eine noch sieben Monate gültige Prüfplakette auf. Anlässlich der Besichtigung wurde der Zustand des Fahrzeugs nicht besprochen. Der Kläger nahm lediglich das Fahrzeug auf sichtbare Schäden in Augenschein und unternahm eine kurze Probefahrt.
Gewährleistungsausschluss vereinbart.
Im Kaufvertrag wurde ausdrücklich jegliche Gewährleistung ausgeschlossen wie folgt:
"Ich verkaufe Ihnen und Sie kaufen von mir das mir gehörige Fahrzeug […] in gebrauchtem Zustand, wie besichtigt und probegefahren, ohne jede Gewährleistung."
Bereits eine Woche nach der Übergabe bemerkte der Kläger einen Leistungsverlust beim Beschleunigen, der auf eine bei Übergabe des Fahrzeugs bestehende Motorverstopfung zurückzuführen war, was schließlich zu einem Motorschaden führte. Dies war für einen Laien vorher nicht erkennbar.
Der Kläger berief sich auf Gewährleistung und forderte mittels Klage die Aufhebung des Vertrages und die Rückzahlung des Kaufpreises vom Beklagten. Er argumentierte, dass die Fahrbereitschaft des Fahrzeugs schlüssig (implizit) zugesichert worden sei und dass ein Irrtum über die zugesicherte Fahrbereitschaft vorgelegen habe.
Wie weit reicht ein Gewährleistungsausschluss unter Verbrauchern?
Die Vorinstanzen gaben der Klage statt, da sie den Gewährleistungsausschluss als nicht umfassend ansahen. Sie waren der Ansicht, dass die Fahrbereitschaft auf Grundlage des Preises und des niedrigen Kilometerstands als zugesicherte Eigenschaft betrachtet werden könne und ein gemeinsamer Irrtum vorgelegen habe.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) war anderer Ansicht und gab der Revision der Beklagten mit der Begründung statt, dass ein vertraglicher Gewährleistungsausschluss im Regelfall auch verborgene Mängel umfasst, es sei denn, es liegt eine ausdrückliche oder stillschweigende Zusicherung bestimmter Eigenschaften vor. Eine solche Zusicherung konnte der Kläger jedoch nicht nachweisen.
Fahrbereitschaft gilt nicht ohne Weiteres als zugesichert.
Der OGH wies darauf hin, dass die Fahrbereitschaft bei einem Kauf von einem nicht-gewerblichen Verkäufer nicht automatisch als zugesichert gilt, insbesondere wenn keine spezifischen Merkmale des Fahrzeugs zugesichert wurden und keine Kommunikation über den Zustand des Fahrzeugs stattfand.
Kaufpreis und niedriger Kilometerstand implizieren keine zukünftige Mängelfreiheit.
Der OGH stellte klar, dass der vereinbarte Preis und der niedrige Kilometerstand keine Garantie für die Mangelfreiheit des Fahrzeugs darstellen. Der Kaufpreis ist das Ergebnis von Verhandlungen und spiegelt nicht zwingend eine Zusicherung des Verkäufers wider. Ebenso wenig könne der Kilometerstand als Garantie für eine zukünftige Mängelfreiheit interpretiert werden. Da hier Käufer und Verkäufer technische Laien waren, verfügte auch der Verkäufer im Hinblick auf verborgene Mängel über keinen Wissensvorsprung gegenüber dem klagenden Käufer, sodass dieser aus der bloßen Tatsache, dass kein Wrackpreis vereinbart wurde, keine Zusage zur (künftigen) Fahrbereitschaft ableiten konnte.
Nur beim Kauf vom gewerblichen Kraftfahrzeughändler ist die Verkehrs- und Betriebssicherheit im Regelfall auch schlüssig zugesichert.
Handelt der Verkäufer nicht gewerblich mit Kraftfahrzeugen, kommt eine schlüssige Zusicherung der Verkehrs- und Betriebssicherheit also nur bei besonderen Umständen in Betracht.
Tipp:
Dieses Urteil verdeutlicht die Bedeutung einer klaren Kommunikation und die Relevanz spezifischer Zusicherungen beim Kauf gebrauchter Fahrzeuge.
Ein Gewährleistungsausschluss kann unter Privaten nach § 929 ABGB zulässigerweise vereinbart werden, birgt jedoch für den Käufer große Risiken. Laut ständiger Rechtsprechung ist seine Reichweite durch Auslegung im Einzelfall nach der Absicht der Parteien und der Übung des redlichen Verkehrs zu ermitteln. Es kommt nicht darauf an, was der Erklärende wollte, sondern was der Erklärungsempfänger nach Treu und Glauben aus der Erklärung des Vertragspartners erschließen durfte. Ein juristischer Laie kann dabei schnell an seine Grenzen stoßen.
Falls auch Sie einen Gebrauchtwagen gekauft haben und sich nach Übergabe des Fahrzeugs Mängel hervortun, stehe ich Ihnen jederzeit gerne beratend zur Seite. Außerdem vertrete ich Sie nach Wunsch vor Gerichten in ganz Österreich, um Ihre Gewährleistungsansprüche durchzusetzen. Gemeinsam erarbeiten wir eine individuelle und maßgeschneiderte Lösung für Ihr Problem.
Der Autor:
MMag. Florian Stachowitz
ist Rechtsanwalt und Partner bei Wijnkamp Stachowitz Rechtsanwälte - Lawyers