Kurz vor dem geplanten Termin zur Gläubigerversammlung der SC Finance Four GmbH wurde es hektisch. Einen Tag vor der Versammlung hat das AG Offenbach bekanntgemacht, dass die Gläubigerversammlung nicht stattfindet. Parallel dazu hat die SC Finance Four GmbH eine Pressemitteilung veröffentlicht. Das Vorgehen wirft Fragen auf. Lesen Sie hier, wie es nun für die Anleger (vermutlich) weitergehen könnte.
1. SC Finance Four GmbH will Insolvenz aufheben lassen
In einer am Tag vor einer geplanten Gläubigerversammlung am 18.03.2025 veröffentlichten Pressemitteilung der SC Finance Four GmbH heißt es:
"Die Eigenverwaltung der SC Finance Four GmbH (SCF 4) hat heute beim Amtsgericht Offenbach gemäß § 212 der Insolvenzordnung (InsO) einen Antrag auf Aufhebung des Insolvenzverfahrens gestellt. Die Voraussetzungen für die Insolvenz bestehen nicht mehr, da die ursprünglichen Insolvenzantragsgründe vollumfänglich beseitigt wurden."
Eine so plötzliche Wendung wirft natürlich Fragen auf. Daher heißt es dann auch in der Pressemitteilung:
"Die strukturelle Veränderung, anstelle einer Insolvenzplanlösung oder einem Forderungsverkauf im Insolvenzverfahren das Insolvenzverfahren zu beenden und in eine solvente Liquidation zu überführen, hat Vorteile für die Anleger. So kann statt des ursprünglich erwarteten Erlöses von 11 Millionen Euro ein Erlös von insgesamt 17 Millionen Euro für die Forderungen der PRE 9 und PRE 10 erzielt werden. Darüber hinaus wurde ein Besserungsmechanismus zwischen dem Investor und der SCF 4 vereinbart, der den Gläubigern PRE 9 und PRE 10 einen Mittelzufluss von bis zu weiteren 5 Millionen Euro bis Ende 2026 zusichert, falls höhere Rückzahlungen aus bestimmten Projekten realisiert werden sollten. Daraus resultiert eine Erhöhung der Gläubigerquote von ursprünglich 17 Millionen Euro auf bis zu 22 Millionen Euro."
Das klingt doch super - oder etwa nicht?
2. Müssen die Anleger auf 10 Mio. EURO verzichten?
Um zu verstehen, was da am 18.03.2025 am Amtsgericht Offenbach (AG Offenbach) passieren sollte, muss man sich einen vom AG Offenbach am 26.02.2025 veröffentlichten Beschluss anschauen. Darin geht es um zwei Dinge:
Zum einen hat der Sachwalter vorgeschlagen, das Forderungsportfolio der SC Finance Four GmbH an einen Investor für rund 11 Mio. EUR zu veräußern. Das ist schmerzhaft, aber wohl kaum zu ändern angesichts der derzeitigen Situation in der Baubranche.
Des Weiteren hatte aber der Sachwalter sog. Anfechtungsansprüche gegen andere Gesellschaften der One Group GmbH identifiziert, die sich etwa auf rund 10 Mio. EUR belaufen. Da diese Ansprüche wohl recht eindeutig sind, hat er vorgeschlagen, diese Ansprüche über Schuldanerkenntnisse der dortigen Schuldner zu sichern und weitere Regelungen zur Absicherung der Ansprüche zu treffen.
In der Summe wären dann bei Umsetzung des vom Sachwalter vorgeschlagenen Konzeptes rund 22 Mio. EUR an die ProReal Europa 9 GmbH und die ProReal Europa 10 GmbH geflossen.
Das bedeutet: Geht man von dem Betrag von 17 Mio. EUR aus, den ein Investor zu zahlen bereit sein soll, würden 4 Mio. EUR weniger an die Fondsgesellschaften bzw. die AnlegerInnen fließen. Nur dann, wenn der Besserungsschein wirklich greift, bekämen die AnlegerInnen möglicherwiese mehr.
Dabei bliebe aber unberücksichtigt, dass bei nach dem vom Sachwalter geplanten Vorgehen noch ein Teil der Forderungen aus den Objektgesellschaften nicht mit verkauft worden wären, sodass der in der vom Sachwalter bevorzugten Lösung möglicherweise noch mehr an die AnlegerInnen geflossen wäre. Das alles werden die AnlegerInnen aber nie erfahren, wenn das Insolvenzverfahren aufgehoben wird. Eine Klärung des Sachverhaltes und der Ansprüche wird dann nämlich gerade nicht erfolgen.
3. Haftungsansprüche gegen Organe werden dann wohl nicht mehr geprüft
Sollte das Insolvenzverfahren tatsächlich aufgehoben werden, dann entfällt natürlich auch die Überwachung durch den Sachwalter. Eine seiner Aufgaben ist unter anderem auch die Prüfung von Schadensersatzansprüchen gegen die handelnden Organe. Diese Prüfung bzw. die Durchsetzung unterbleibt damit natürlich.
4. Wie geht es nun für die ProReal Europa 9 GmbH und die ProReal Europa 10 GmbH weiter?
Rechtlich ist eine Aufhebung des Insolvenzverfahrens bei der SC Finance Four GmbH nur möglich, wenn ausgeschlossen ist, dass auf der Ebene dieser Gesellschaft in absehbarer Zeit nicht wieder ein Insolvenzgrund vorliegt. Das muss gegenüber dem Gericht glaubhaft gemacht werden.
Wie die ProReal Europa 9 GmbH und die ProReal Europa 10 GmbH dies rechtlich umsetzen werden, ist nicht bekannt. Möglich ist ein Verzicht oder ein zusätzlicher Rangrücktritt durch die Fondsgesellschaften. Was auch immer es ist - es wird für die Anleger nicht besser. Von einem erheblichen Verlust ist auszugehen. Wie hoch dieser letztliche sein wird, lässt sich nicht abschließend beurteilen.
Fraglich ist jedoch, ob die Geschäftsführung überhaupt eine solche Entscheidung zu Lasten der AnlegerInnen treffen durfte. Sollte dies nicht der Fall sein, dann können hier Schadensersatzansprüche aufgrund einer für die AnlegerInnen nachteiligen Geschäftsführung im Raum stehen.
Fakt ist aber auch, dass die bisherige Taktik zur Lösung des Problems auf der Ebene der SC Finance Four GmbH ohne die AnlegerInnen im Ergebnis zumindest im ursprünglichen Plan nicht aufgegangen ist. Die fehlende Transparenz zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Verfahren und hat letztlich dazu geführt dass sogar der Anlegerbeirat seine Tätigkeit niedergelegt hat. Einzelheiten hierzu können Sie hier nochmals nachlesen:
ProReal Europa 9 / 10 GmbH (OneGroup / Soravia) - Anlegerbeirat frustriert und enttäuscht
Die AnlegerInnen werden wohl wie bisher auch auf Zahlungen in der Zukunft vertröstet. Zuletzt war dies im November letzten Jahres geschehen, wo den Anlegern mitgeteilt wurde, dass die weitergehenden Stundungen der zu zahlenden Zinsen zunächst bis zum 31.06.2025 erfolgen:
ProReal Private Serie der One Group GmbH (Soravia) - Quo vadis?
5. Was können Sie konkret tun?
Es wird nicht besser für die AnlegerInnen der ProReal Europa 9 GmbH und der ProReal Europa 10 GmbH. Nun weiß jeder, dass nach Planung des Konzerns maximal 22 Mio. EUR an die Fonds zurückfließen werden. Zur Erinnerung - die ursprünglich mal von den Fondsgesellschaften aus Mitteln der AnlegerInnen ausgereichten Darlehen belaufen sich auf über 250 Mio. EUR. Das bedeutet aber auch, dass weniger als 10 % überhaupt zurückfließen und dass selbst die Objektgesellschaften, die vielleicht noch einen Mehrwert für die Fondsgesellschaften bilden könnten, aufgrund diese Konstruktion wohl kaum dazu führen werden, dass es signifikant mehr wird.
Es bleibt also nur die individuelle Durchsetzung von Ansprüchen gegen mögliche Anspruchsgegner. Dazu zählen weniger die Fondsgesellschaften selbst, denn da wird kaum was zu holen sein. Interessanter sind daher die Ansprüche gegen Prospektverantwortliche und Hintermänner. Wir vertreten bereits AnlegerInnen in diese Richtung und bereiten die gerichtliche Durchsetzung vor.
Wenn Sie wissen wollen, wie es bei den Gesellschaften nun vermutlich weitergeht oder welche anderen Möglichkeiten Sie haben, um einen möglichen Verlust zu kompensieren, dann können Sie mich gern im Rahmen einer kostenlosen Erstbewertung ansprechen. Sie können dazu das unten stehende Kontaktformular nutzen, Sie können mich unter 02621 6239288 anrufen oder Sie schreiben eine mail an [email protected] .