Die Frage, wann ärztliche Gebührenforderungen verjähren, richtet sich im Ausgangspunkt nach den allgemeinen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB).
Gemäß § 195 BGB unterliegt ein ärztlicher Honoraranspruch grundsätzlich der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Für den Beginn dieser Frist ist § 199 Abs. 1 BGB maßgeblich. Danach beginnt die Verjährungsfrist mit Beginn des Jahres, das dem Jahr folgt,
- in dem der Anspruch entstanden,
- der Anspruch fällig geworden ist und
- der Gläubiger (also die Ärztin oder der Arzt) von den, den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Besonderheiten ergeben sich im Hinblick auf § 12 der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Nach § 12 Abs. 1 GOÄ wird ein ärztlicher Vergütungsanspruch erst dann fällig, wenn dem Zahlungspflichtigen – in der Regel also dem Patienten – eine der Verordnung entsprechende ordnungsgemäße Rechnung zugeht. Das bedeutet, dass die bloße Erbringung der ärztlichen Leistung noch nicht zur Fälligkeit der Forderung führt. Der Verjährungsbeginn ist somit an die Rechnungsstellung gebunden.
Daraus folgt, dass sich eine verzögerte Rechnungsstellung auch unmittelbar auf den Beginn der Verjährung auswirkt. Wird beispielsweise eine medizinische Behandlung am 10. März 2020 erbracht, die entsprechende Rechnung jedoch erst am 15. Mai 2023 gestellt und dem Patienten am 20. Mai 2023 zugeleitet, so tritt die Fälligkeit im Sinne des § 12 GOÄ mit dem Zugang der Rechnung ein. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt demnach mit dem Ablauf des Kalenderjahres 2023, also am 01. Januar 2024, und endet am 31. Dezember 2026.
Obgleich die GOÄ dem Arzt faktisch die Möglichkeit eröffnet, die Fälligkeit und damit auch den Verjährungsbeginn durch spätes Rechnungsstellen hinauszuzögern, gilt dies nicht unbegrenzt.
In Einzelfällen kann eine derart späte Geltendmachung ärztlicher Forderungen treuwidrig im Sinne von § 242 BGB sein. Dies wird unter dem Gesichtspunkt der sogenannten Verwirkung relevant. Eine Forderung kann dann als verwirkt gelten, wenn der Schuldner – hier also der Patient – aufgrund des Zeitablaufs und besonderer Umstände berechtigterweise davon ausgehen durfte, dass die Forderung nicht mehr geltend gemacht wird, und sich infolgedessen darauf eingerichtet hat. Eine bloße Verzögerung der Rechnungstellung genügt dafür allerdings nicht; vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Patienten schutzwürdig erscheinen lassen. In der gerichtlichen Praxis wird Verwirkung ärztlicher Gebührenansprüche allerdings nur zurückhaltend angenommen, insbesondere wenn es sich nicht um außergewöhnlich lange Zeiträume oder um besondere Treueverhältnisse handelt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass ärztliche Vergütungsansprüche nach der GOÄ grundsätzlich erst mit Rechnungsstellung fällig werden und die dreijährige Verjährungsfrist ab dem Beginn des Jahres läuft, das dem Jahr, in dem die ordnungsgemäße Rechnung zugegangen ist, folgt. Eine späte Rechnungsstellung führt entsprechend zu einem späteren Beginn der Verjährung. Sie kann jedoch im Einzelfall, insbesondere bei erheblichen Verzögerungen und berechtigtem Vertrauen des Patienten, unter dem Gesichtspunkt der Verwirkung ausgeschlossen sein.