Ein Verkehrsunfall wirft oft Fragen zur Höhe des Schadens und dessen Regulierung auf. Als erfahrene Rechtsanwaltskanzlele im Bereich Verkehrsrecht möchten wir Ihnen heute einen wichtigen Überblick über die Schadensermittlung geben, insbesondere im Hinblick auf das sogenannte Vier-Stufen-Modell des Bundesgerichtshofs (BGH), das maßgeblich für die Einordnung der Schadenshöhe und die Wahl der Abrechnungsmethode ist.
Das Vier-Stufen-Modell des BGH zur Schadenshöhe und Abrechnung:
Der BGH hat ein Vier-Stufen-Modell entwickelt, das die Grundlage für die Beurteilung der Reparaturwürdigkeit eines beschädigten Fahrzeugs und die Art der Schadensabrechnung bildet:
Reparaturwürdiger Schaden (wirtschaftlich sinnvoll): Zunächst ist zu prüfen, ob eine Reparatur des beschädigten Fahrzeugs wirtschaftlich sinnvoll ist.
- Erste Stufe
Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Reparaturkosten (einschließlich Mehrwertsteuer) unterhalb des Wiederbeschaffungsaufwandes liegen. Der Wiederbeschaffungsaufwand ist der Wiederbeschaffungswert (Wert des Fahrzeuges vor dem Unfall) abzüglich Restwert (Wert des Fahrzeuges nach dem Unfall bzw. mit Unfallschaden) (sog. erste Stufe).
Bei einem reparaturwürdigen Schaden hat der Geschädigte grundsätzlich Anspruch auf Ersatz der tatsächlichen Reparaturkosten (konkrete Abrechnung) oder auf Basis eines Sachverständigengutachtens abzurechnen (fiktive Abrechnung). Bei der fiktiven Abrechnung werden die im Gutachten ausgewiesenen Reparaturkosten ohne tatsächliche Durchführung der Reparatur erstattet, allerdings ohne Mehrwertsteuer. In diesen Konstellationen kommt es häufig zu Kürzungen der Versicherer. Es ist daher ratsam, von Anfang an einen im Verkehrsrecht erfahrenen Rechtsbeistand hinzuzuziehen.
- Zweite Stufe
Bei der „zweiten Stufe“ liegen die voraussichtlich Reparaturkosten zwischen Wiederbeschaffungsaufwand (siehe oben) und Wiederbeschaffungswert.
Auch hier kann der Geschädigte wählen, ob der „fiktiv“, also auf Gutachtenbasis abrechnet, falls er beabsichtigt, das Fahrzeug längerfristig weiter zu nutzen. Die Rechtsprechung stellt hier in der Regel auf eine Haltefrist von 6 Monaten ab.
Daneben kann der Geschädigte „konkret“ abrechnen, also die Reparatur vollständig in einer Werkstatt reparieren lassen und den Schaden gem. Rechnung der Werkstatt ersetzt verlangen. In diesem Fall ist nicht erforderlich, dass das Fahrzeug längerfristig weiter genutzt wird.
Außerdem besteht die Möglichkeit, dass das Fahrzeug im verunfallten Zustand verkauft wird. Dann kann der Wiederbeschaffungsaufwand (also Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) geltend gemacht werden.
- Dritte Stufe
In der dritten Stufe liegend die Reparaturkosten einschl. MwSt. über dem Wiederbeschaffungswert, aber innerhalb eines Bereiches von 130 % des Wiederbeschaffungswertes.
In diesem Fall kann der Geschädigte die tatsächlich anfallenden Reparaturkosten, die zuzüglich einer etwaigen merkantilen Wertminderung bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen, dann verlangen, wenn er sein Fahrzeug vollständig (also gemäß den Feststellungen des Sachverständigen) und fachgerecht reparieren lässt und er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiter nutzt. Hier muss also die Durchführung einer Reparatur nachgewiesen werden. Anderenfalls kann nur der Wiederbeschaffungsaufwand geltend gemacht werde.
- Vierte Stufe
Wirtschaftlicher Totalschaden: Ein wirtschaftlicher Totalschaden liegt vor, wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs vor dem Unfall übersteigen (und zwar um mehr als 30 %). Auch in diesem Fall erhält der Geschädigte in der Regel den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts.
Sonderfälle und Einschränkungen: Es gibt Sonderfälle und Einschränkungen, die in den vorherigen Stufen berücksichtigt werden können. Dies betrifft beispielsweise die Nutzungsausfallentschädigung, die bei einem reparaturwürdigen Schaden für die Zeit der Reparatur oder der Ersatzbeschaffung beansprucht werden kann, oder die Berücksichtigung eines merkantilen Minderwerts bei reparierten Fahrzeugen. Auch das oben bereits erwähnte Mitverschulden (§ 254 BGB) und Billigkeitserwägungen (§ 251 Abs. 2 BGB) können in die finale Schadensberechnung einfließen.
Ihr gutes Recht: Anwalts- und Sachverständigenwahl sind kostenfrei für Sie!
Ein ganz entscheidender Punkt, den ich Ihnen als Ihr Anwalt dringend ans Herz legen möchte: Als Geschädigter eines Verkehrsunfalls haben Sie das freie Recht, einen Rechtsanwalt Ihrer Wahl zu beauftragen. Die Kosten für die anwaltliche Vertretung sind Teil des Schadensersatzanspruchs und müssen von der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers getragen werden – und zwar unabhängig davon, wie hoch der Schaden letztendlich ist.
Gleiches gilt für die Beauftragung eines unabhängigen Sachverständigen zur Ermittlung der Schadenshöhe. Um eine objektive und fundierte Grundlage für die Beurteilung der Reparaturwürdigkeit und die Höhe Ihres Schadens zu haben, ist es ratsam, frühzeitig einen eigenen Sachverständigen zu beauftragen. Auch dessen Kosten sind von der gegnerischen Haftpflichtversicherung zu übernehmen.
Unser dringender Rat:
Nach einem Verkehrsunfall sollten Sie nicht zögern, Ihre Rechte wahrzunehmen. Kontaktieren Sie zeitnah einen erfahrenen Verkehrsrechtsanwalt. Dieser kann die Schadenshöhe korrekt einschätzen, Sie hinsichtlich der optimalen Abrechnungsmethode beraten und Ihre Schadensersatzansprüche gegenüber der gegnerischen Versicherung geltend machen. Die frühzeitige Einschaltung eines Anwalts hilft Ihnen, Fehler bei der Schadensregulierung zu vermeiden und Ihre berechtigten Ansprüche optimal durchzusetzen.
Nutzen Sie Ihr Recht auf freie Anwalts- und Sachverständigenwahl – es entstehen Ihnen dadurch keine zusätzlichen Kosten!
Gerne können Sie uns hierzu telefonisch, per Email oder über das Anfrageformular am Ende der Seite kontaktieren. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage!
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Für eine kompetente Beratung steht Ihnen Rechtsanwalt Nicolas Gotzen zur Verfügung. Der Kontakt kann entweder in den Kanzleiräumen in Saarlouis, je nach Entfernung bei Ihnen zu Hause oder auch telefonisch bzw. per Videokonferenz erfolgen. Die Kanzlei vertritt Mandanten bundesweit und im europäischen Ausland.