Grundlegendes
Bei Maßanfertigungen haben Verbraucher grundsätzlich kein Widerrufsrecht - unabhängig vom Herstellungsbeginn. Unternehmer müssen Kunden daher immer ausdrücklich darauf hinweisen. So sieht es die Rechtsprechung gemäß § 312 g BGB vor.
Unternehmer können ihnen jedoch freiwillig ein Widerrufsrecht gewähren. Dabei können sie selbst entscheiden, wie lange Verbraucher dies nach dem Kauf ausüben können.
Anders gestaltet sich die Lage bei fehlerhaften Maßanfertigungen. Bei Falsch- oder Schlechtausführung haben Auftraggeber bei Werkverträgen gemäß § 634 BGB ein Mängelrecht, bzw. ein Recht auf Nacherfüllung, siehe § 635 BGB. Auf diese Szenarien möchten wir an dieser Stelle jedoch thematisch nicht weiter eingehen.
Praxisbeispiel: Der Einbau eines Treppenlifts
Der Eigentümer eines Hauses hatte den Einbau eines Treppenliftes in Auftrag gegeben. Bei einem Kurven-Treppenlift handelt es sich um eine Gerätschaft, die zuvor genau geplant und maßgefertigt wird. Die spätere Montage vor Ort ist hingegen lediglich mit einem recht geringen Aufwand verbunden.
In dem Falle, der dem BGH zur Beurteilung vorlag, wurde über die Notwendigkeit einer Widerrufsbelehrung gestritten, wenn ein in wesentlichen Teilen vorgefertigter Treppenlift eingebaut wird.
Der BGH stellte klar, dass in diesem Falle trotz vergleichsweise geringer Montageleistungen ein Werkvertrag – und kein Werklieferungsvertrag – vorliegt. Daher muss eine Information über ein Widerrufsrecht bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 312 b BGB („Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge“) erfolgen.
Erfolgt keine schriftliche Widerrufsbelehrung, steht dem Verbraucher, im vorliegenden Falle also dem Eigentümer, ein Widerrufsrecht von einem Jahr und zwei Wochen zu.
Somit stehen sich die eindeutige Gesetzeslage und die Praxis erneut gegenüber. Immer wieder beschäftigen sich Gerichte mit Einzelfallentscheidungen, wenn sich die Parteien über die Grundlagen uneinig sind.
Unser Rechtstipp
Unternehmer sollten sich bei Vertragsabschluss grundsätzlich über (fehlende) Widerrufsmöglichkeiten bei Maßanfertigungen klar äußern, um spätere Missverständnisse seitens des Kunden von vornherein auszuhebeln.
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Finn Streich, Rechtsanwalt & Partner
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Dieser Beitrag ist am 09.02.2022 erstmalig bei Anwalt.de veröffentlicht worden und wurde am 13.08.2024 aktualisiert.